Kritik am Positionspapier des BDA Das Haus der Erde
Der Bund Deutscher Architekten (BDA) hat am 15. Mai ein
Diskussionspapier zum 15. BDA-Tag „Kulisse und Substanz. Plädoyer für eine ökologisch-gesellschaftliches Umdenken“ am 25. Mai in Halle / Saale
unter: https://bda-bund.de/2019/04/das-haus-der-erde_bda-position/ veröffentlicht.
Während das Papier insgesamt wirklich gute Ansätze bietet, fällt die Aussage:
„Die technische Aufrüstung zu „intelligenten Gebäuden“ und das Übermaß an Dämmmaterialien haben nicht zu langlebigen und energetisch nachhaltigen Bauten geführt. Beide Konzepte sind in eine Sackgasse geraten.“
fällt hierbei aus dem Rahmen.
Ein sinnvolles Maß ist sicherlich immer richtig. Doch was ist sinnvoll?
Von einem Übermaß an Dämmmaterialien zu sprechen, ohne dies differenziert zu beleuchten, ist eine Suggestivaussage und impliziert, dass zu viel gedämmt würde. Sicherlich gibt es einige Architekten, die sich durch die Notwendigkeit hoher Dämmstandards in ihrer Gestaltungsfreiheit eingeschränkt sehen. Mit einer solchen Aussage in einem Positionspapier stellt sich der BDA sogar gegen den Klimaschutz und ist damit wenig hilfreich.
Wenn hohe Dämmstoffstärken in der Lage sind, aufwendige Technik zu ersetzen, tragen doch gerade hohe Dämmstärken erheblich zu einer Vereinfachung bei. Es kommt hierbei wesentlich auf den gesamten Kontext an.
Mit einer solchen Aussage stellt sich der BDA auch gegen zahlreiche Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass unter heutigen Voraussetzungen Dämmstärken von 300 mm (WLF 040) sowohl unter Berücksichtigung der für die Erstellung eingesetzten Energie (graue Energie) alsauch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sind. Insofern bleibt offen, was der BDA mit einem Übermaß an Dämmmaterial meint.
Es ist daher zu begrüßen, wenn Architekten sich den Herausforderungen stellen und sich auf die Bauhaus-Maxime „form follows function“ besinnen. Architektur darf nie Selbstzweck werden, sondern muss Lebensraum für Menschen schaffen. Zur Funktion unserer Gebäude gehört eben auch Lebensqualität durch behagliches und gesundes Raumklima. Ebenso soll das Gebäude nicht durch zu hohe Energiekosten zu einer dauerhaften Belastung werden.
Ich stimme mit dem BDA darin überein, dass Gebäude nicht intelligent sein können.
Bei der Frage nach „intelligenten Gebäuden“ sind die Gründe und Motivation häufig eher Aspekte wie Komfort, Spieltrieb oder der Wunsch, Daten zu sammeln. Die Sammelwut von Daten über Smartmeter oder auch Smarthome durch entsprechende Anbieter sind dann eher deren Wunsch nach vermarktbaren Nutzerinformationen geschuldet. Energieeinsparung ist häufig nur die Begründung für andere Motivationen. Eine gute Regelung, die ordentlich eingestellt ist bringt meist einen deutlich höheren Nutzen. Wenn Technik an dieser Stelle dazu beitragen kann, die Bedienung und die Möglichkeit zu Eigenkontrolle zu verbessern ist sie jedoch dienlich.
Intelligenz des Einfachen
Dieser Slogan hört sich zunächst gut an und könnte glatt eine Erfindung von Marketingexperten sein.
Aber: Intelligenz ist hoch Komplex. Wir leben in einer hoch komplexen Gesellschaft. Der Verzicht auf Technik ist daher in der Regel eben nicht intelligent. Ein Hammer ist ein technisches Hilfsmittel, mit dem ich einen Nagel in eine Wand einschlagen möchte. Bereits der Nagel und die Wand sind technische Produkte und Hilfsmittel. Wäre es wirklich intelligent zu versuchen, den Nagel mit der bloßen Hand in die Wand zu schlagen? Auch auf ein Smartphone oder einen PKW, beide extrem hochtechnische Produkte, will heute kaum einer verzichten, selbst wenn dies intelligent wäre.
Der Satz: „Referenz kann dabei die energetische Intelligenz von tradierten regionalen Bauweisen sein.“ hört sich gut an. Leider erschließt sich der Inhalt mir nicht.
- Referenz – Wofür?
- energetische Intelligenz – Was ist das?
Was wir hingegen brauchen, sind jedoch klare und einfache Schnittstellen, die dem Nutzer dienlich und hilfreich sind.
Mein Vorschlag für den von mir kritisierten Absatz wäre:
IV. Nutzen und Werthaltigkeit
Nicht alles was machbar ist, ist auch sinnvoll. Aus diesem Grund ist es wichtig, sowohl bei der Auswahl der Baustoffe als auch der Technik eine sinnvolle Abwägung hinsichtlich der Qualität und Quantität zu finden. Die Abstimmung der Technik soll dabei nach einer ganzheitlichen Gesamtbetrachtung erfolgen.
Eine dem Klimawandel gerecht werdende Architektur nutzt und reguliert mit typologischen, konstruktiven und thermischen Strukturen die jeweiligen klimatischen Bedingungen für ein Wohlbefinden der Nutzer.
Eine dem Klimawandel gerecht werdende Technik setzt zunehmend auf den Einsatz regenerativer Energien. Ziel ist ein behaglicher Wohnkomfort bei größtmöglicher Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern.
Im Vordergrund steht die Werthaltigkeit von Gebäuden und der Nutzen für Mensch und Natur. Die Handhabung von Gebäuden soll durch einfache und klar definierte Schnittstellen Nutzer dienen. Technik darf nicht unter dem Deckmantel einer sog. „intelligenten Gebäudetechnik“ den Menschen zum Benutzerinterface machen und diesen als Lieferant von Nutzerdaten missbrauchen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Teilnehmer des 15. BDA-Tag „Kulisse und Substanz. Plädoyer für eine ökologisch-gesellschaftliches Umdenken“ am 25. Mai in Halle / Saale
diesen Punkt kritisch hinterfragen, diskutieren und zu einem anderen Postulat kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Linnig