Ein Privatgutachten kann von jeder natürlichen oder juristischen Person beauftragt werden. Vor Gericht werden diese Gutachten aber als Parteiengutachten gewertet, wenn Sie nur von einer Partei beauftragt wurden.
Für das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Gutachter gilt das Werksvertragsrecht. Aus diesem Grunde ist es wichtig, Inhalt und Umfang (das Werk) im Vorfeld möglichst genau zu beschreiben, zu definieren und zu vereinbaren. Falls sich, beispielsweise bei einem Ortstermin neue Aspekte ergeben, darf sich der Privatgutachter im Gegensatz zum Gerichtsgutachter zu diesen Punkten äußern.
Die meist von der Gegenseite vertretene Meinung ein Privatgutachten wäre grundsätzlich als „Gefälligkeitsgutachten“ zu werten, ist falsch. Grundsätzlich ist der Privatgutachter ist dazu verpflichtet, ein Gutachten unparteiisch, objektiv und gewissenhaft zu bearbeiten. Ein gut recherchiertes und dokumentiertes Gutachten sollte immer dazu dienen, die Fakten für alle Beteiligen zu erhellen, um eine möglichst schnelle und für alle Parteien tragbare Lösung zu finden. So kann auch Ergebnis eines Privatgutachtens sein, dass der Auftraggeber erkennt, dass es sich nicht um begründete Mängel, sondern vielmehr um Ängste oder aufgestauten Ärger handelt. Durch eine Versachlichung der Problematik kann auf diese Weise ebenfalls weiterer Schaden verhindert werden.
Eine weitere wichtige Rolle spielt das Privatgutachten im Rahmen einer Beweissicherung. Häufig besteht großer Handlungsdruck. Z.B. steht ein Umzugstermin bereits fest, die Wohnung muss zu einem bestimmten Zeitpunkt geräumt sein. Der Einzugstermin ist aber gefährdet, weil bestimmte Arbeiten nicht mängelfrei fertig gestellt sind. Eine Ersatzvornahme, d.h. die Herstellung eines mängelfreien Werkes durch einen Dritten, kann aber erst dann erfolgen, wenn alle Fristen für eine Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer verstrichen sind und der Werkvertrag ordnungsgemäß gekündigt wurde. Eine vorzeitige Beseitigung eines Mangels entlässt den Auftragnehmer möglicherweise aus seiner Gewährleistung und hat möglicherweise sogar Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Auftraggeber.
Ein selbständiges Beweisverfahren, im Volksmund auch Beweissicherungsverfahren genannt, braucht seine Zeit und ist daher nicht geeignet, den aktuellen Handlungsdruck zu nehmen. Hier kann ein Privatgutachten helfen, den Sachstand entsprechend zu dokumentieren, mit Lösungsvorschlägen zu unterstützen und im besten Falle eine für alle Beteiligten tragfähige Lösung zu finden. In jedem Falle kann das Privatgutachten aber Grundlage für ein späteres Gerichtsgutachten oder als Beweismittel hinzugezogen werden. Auch kann der Privatgutachter in einem späteren Verfahren als Zeuge hinzugezogen werden. Die Entscheidung hierüber liegt beim Gericht.
Früher galt, dass ein Privatgutachten grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist, also in jedem Falle zu Lasten des Auftraggebers geht. Dies hat sich in letzter Zeit jedoch geändert. Nicht nur, wenn das Privatgutachten zu einer Urteilsfindung maßgeblich beiträgt, sonder auch, wenn es für Prozessverlauf maßgeblich war, liegt nach neuestem BHG-Urteil eine Erstattungsfähigkeit vor:
„Vielmehr sind nach Ansicht des BGH auch diese Kosten der obsiegenden Partei zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.“
Wurde ein Gutachter von nur einer Partei beauftragt gilt der Gutachter als Privatgutachter und kann in diesem Fall nicht mehr als Gerichtsgutachter tätig werden. Die Rolle des Gutachters wird durch den Auftraggeber (Partei oder Gericht) bestimmt und sagt nichts über die Qualifikation des Sachverständigen aus.